Musikdatenbank

Musiker

Friedrich Gulda

Friedrich Gulda

geboren am 16.5.1930 in Wien, Österreich

gestorben am 27.1.2000 in Weissenbach am Attersee, Österreich

Friedrich Gulda

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Friedrich Gulda (* 16. Mai 1930 in Wien; † 27. Januar 2000 in Weißenbach am Attersee) war ein österreichischer Pianist und Komponist.

Leben

Der Pianist

Gulda begann im Alter von sieben Jahren mit dem Klavierspiel. 1942 nahm er ein Musikstudium bei Bruno Seidlhofer (Klavier) und Joseph Marx (Musiktheorie und Komposition) an der Wiener Musikakademie, der heutigen Universität für Musik und darstellende Kunst Wien, auf. Mit 16 Jahren reüssierte er beim Internationalen Genfer Musikwettbewerb und gelangte danach rasch zu Weltruhm. Seine äußerst exakten, um besondere Werktreue bemühten Mozart- und Beethoven-Interpretationen gelten bis heute als Meilensteine in der Musikgeschichte. Charakteristisch für Gulda ist ein äußerst präzises und rhythmisch akzentuiertes Spiel.

Sein Repertoire umfasste Werke von J. S. Bach, Mozart, Beethoven, Schubert, Chopin, Debussy und Ravel, wobei vor allem seine Interpretationen der Klaviersonaten Beethovens und des Wohltemperierten Klaviers von Bach Aufsehen erregten. In seinen Konzerten spielte er Werke Bachs häufig originalgetreu auf einem Clavichord.

Gulda hatte ein hervorragendes Gedächtnis. Er brauchte sich zum Beispiel (wie Workshopteilnehmer berichten) den Notentext von Robert Schumanns „Waldszenen“ nur wenige Minuten lang anzuschauen, um das Werk dann auswendig zu spielen.

Eine der berühmtesten Schülerinnen Guldas ist die argentinische Pianistin Martha Argerich.

Der Komponist

Gulda betätigte sich auch als Komponist und schrieb unter anderem für Heinrich Schiff ein Konzert für Violoncello und Blasorchester mit den Sätzen Ouverture, Idylle, Cadenza, Menuett, Finale alla marcia. 1967 vertonte er einige der Galgenlieder von Christian Morgenstern und veröffentlichte sie gemeinsam mit Georg Kreisler (Gesang) und Blanche Aubry (Gesang). Einige „moderne Wienerlieder“ veröffentlichte er zusammen mit dem ihm auffällig ähnelnden Sänger Albert Golowin, der sich von ihm im Wesentlichen durch schwarzen Vollbart und dickrandige Brille unterschied – erst nach Jahren fanden einige Kritiker heraus, dass Albert Golowin und Friedrich Gulda identisch waren.

Der Jazz-Interpret und -Komponist

In jungen Jahren entdeckte Gulda auch die Liebe zum Jazz, den er als die maßgebliche Richtung moderner Musikentwicklung ansah. 1951 lernte er den etwa gleichaltrigen Jazz-Musiker Joe Zawinul kennen.[1] Ab Mitte der 1950er-Jahre erarbeitete er sich einen Ruf als Jazz-Interpret und -Komponist. In seinen Konzerten bemühte er sich immer mehr um Aufhebung der Trennung zwischen E-Musik und U-Musik. 1971 veröffentlichte er bei Papageno in Wien einen 110-seitigen Band mit eigenen Werken unter dem Titel „Klavier-Kompositionen“ (dieser enthält u. a. die Werke: Play Piano Play, Sonatine, Prelude and Fugue, Variationen über Light My Fire und Variations). Von 1972 bis 1978 spielte er im Trio Anima mit Paul Fuchs und Limpe Fuchs und später zu zweit mit der Sängerin und Perkussionistin Ursula Anders hauptsächlich frei improvisierte Musik. Er komponierte Jazz-Klavierstücke und kombinierte in seinen Konzerten klassische Musik und Jazz. Gleichwohl blieb ihm hierfür echte Anerkennung versagt. So schreibt der Musikkritiker Robert Fischer: „Friedrich Guldas Ausflüge in den Jazz wurden einst von den Hohepriestern der Klassik nur mit spitzen Fingern angefasst wie etwas, das man allenfalls zu erdulden habe, weil er doch so schön Mozart spiele.“ Dennoch muss gesagt werden, dass Gulda einer der weltweit ganz wenigen Musiker war, der neben seiner anerkannten Leistung als klassischer Pianist mit den wirklichen Jazzgrößen seiner Zeit sich auf gleichem pianistischem und improvisatorischem Niveau einbringen konnte.[2]

Gelegentlich gab er gemeinsam mit Joe Zawinul in den 1980er Jahren Konzerte.[3]

Auftreten auf der Bühne

Guldas Auftreten auf der Bühne war unkonventionell. So spielte er einmal auf der Bühne nackt das Krummhorn.[4] Auch wich er in Konzerten immer wieder vom angekündigten Programm ab und trug andere Werke vor. 1969, anlässlich der Verleihung des Beethoven-Rings durch die Wiener Musikakademie, kritisierte Gulda in seiner Dankesrede vor Direktoren, Professoren und Studenten den aus seiner Sicht verstaubten und verknöcherten Ausbildungsbetrieb. Wenige Tage später gab er den Ehrenring zurück. Im Sommer 1973 spielte Gulda beim 5. Internationalen Musikforum in Viktring das Eröffnungskonzert, doch statt des angekündigten Wohltemperierten Klaviers von Johann Sebastian Bach begann der Pianist (begleitet von Paul und Limpe Fuchs) mit ungewöhnlichen Klängen. Als der Musikvortrag nach zweieinhalb Stunden endete und der größte Teil der in Abendgarderobe gekommenen Gäste den Saal verlassen hatte, spielte Gulda zwei Stunden lang aus dem angekündigten Wohltemperierten Klavier. Im Winter 1980/81 spielte er in einer Serie von Konzert-Matineen an der Bayerischen Staatsoper sämtliche Klaviersonaten von Mozart.

1999 gab Gulda im Wiener Konzerthaus eine Paradise Night, die er Wochen vor seinem tatsächlichen Ableben nach einer von ihm selbst lancierten Falschmeldung seines Todes als Auferstehungsfest veranstaltete und bei der er durch Tänzerinnen, die Paradise Girls, und DJs unterstützt wurde.

Weitere Angaben

Friedrich Gulda war von 1956 bis 1966 mit Paola Loew verheiratet, aus der Ehe gingen die zwei Söhne David Wolfgang und Paul hervor. 1967 heiratete er auf seiner Japan-Tournee Yuko Wakiyama, aus der Ehe ging Sohn Rico hervor; diese Ehe ging 1973 auseinander. Seit 1974 lebte und arbeitete er mit der Musikerin Ursula Anders zusammen. Seine Söhne Paul und Rico Gulda wurden Pianisten.

In späteren Jahren wurde der Kettenraucher Friedrich Gulda schwer herzkrank und hatte sich mehreren Bypass-Operationen zu unterziehen. Wie der Cover-Beschreibung seiner letzten Schubert-Einspielung vom August 1999 zu entnehmen ist (unter seinem eigenen Label Paradise erschienen), wusste Gulda seinerzeit schon von seinem unmittelbar bevorstehenden Tod. Er starb am 27. Januar 2000, dem Geburtstag von Wolfgang Amadeus Mozart, den er unter allen Komponisten am meisten verehrt hatte, und wurde auf dem Friedhof in Steinbach am Attersee in Österreich begraben.

Friedrich-Gulda-Ausstellung

Im Musikinstrumentenmuseum Schloss Kremsegg in Kremsmünster wird das künstlerische Schaffen und die internationale Karriere des Künstlers dokumentiert. Den Mittelpunkt bildet sein Domizil in Weißenbach am Attersee, in dem er am 27. Januar 2000 verstarb. Ein weiterer Schwerpunkt der Ausstellung ist der Diskografie und den Originalinstrumenten Friedrich Guldas gewidmet.

Filme

  • 1981: Der Wanderer – Friedrich Gulda 1981, Porträt von János Darvas, LOFT/Bodo Kessler Film, 1981, Erstsendung: WDR 17. Oktober 1981, Redaktion: Manfred Gräter (Informationen über den Film)
  • 2002: Friedrich Gulda – So what?! – Regie: Benedict Mirow (mit Fridemann Leipold, Texte gesprochen von Ulrich Mühe) (Informationen über den Film); am 12. Oktober 2007 von der Deutschen Grammophon als DVD veröffentlicht (UNI 734376)

Auszeichnungen

  • 1959: Österreichisches Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst
  • 1989: Ehrenring der Stadt Wien

Literatur

  • Klaus Geitel: Fragen an Friedrich Gulda. Anmerkungen zur Musik und Gesellschaft, Rembrandt Verlag, Berlin, Augsburg 1973.
  • Kurt Hofmann: Friedrich Gulda – aus Gesprächen mit Kurt Hofmann, Langen Müller, München 1990, ISBN 3-7844-2287-X.
  • Wilhelm Svoboda: Friedrich Gulda. Bruchstücke eines Porträts, Wien 2006, ISBN 3-902157-18-6.
  • Wanderer zwischen Welten. Diskographie, Reden, Interviews, Statements, Fotos, Verlag Bibliothek der Provinz, Weitra 2006, ISBN 978-3-85252-733-8.
  • Irene Suchy: Friedrich Gulda. Ich-Theater, Styria, Wien, Graz, Klagenfurt 2010, ISBN 978322213-2902.
  • Herbert Hopfgartner: Friedrich Gulda, der „wilde Denker“ in: Musikerziehung, Wien: AGMOE 2010 ISSN 0027-4798.
  • Ursula Anders (Hrsg.): Friedrich Gulda: ein Leben für die Musik, Verlag Bibliothek der Provinz, Weitra 2010, ISBN 978-3-85252-676-8.
  • Ursula Anders (Hrsg.): Konzertverzeichnis 1946–1999, Verlag Bibliothek der Provinz, Weitra 2015, ISBN 978-3-99028-440-7.

Weblinks

 Commons: Friedrich Gulda – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. esc-records.de: Interview
  2. Vgl. Robert Fischer: Anything goes. In: All that Jazz. Die Geschichte einer Musik. Reclam Verlag, Stuttgart. 3., erweiterte und aktualisierte Ausgabe 2007, S. 428
  3. youtube.com: Gulda and Zawinul concert
  4. Ich will keine lebende Leiche sein: André Müller spricht mit dem Klavierspieler und Komponisten Friedrich Gulda. In: Die Zeit vom 2. Juni 1989, abgerufen am 8. Oktober 2017.
Diese Seite wurde zuletzt geändert am 14.12.2017 13:34:16

Dieser Artikel basiert auf dem Artikel Friedrich Gulda aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der GNU-Lizenz für freie Dokumentation.
In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar.