Dietrich Buxtehude

Dietrich Buxtehude

geboren 1637 in Oldesloe, Schleswig-Holstein, Deutschland

gestorben am 9.5.1707 in Lübeck, Schleswig-Holstein, Deutschland

Dieterich Buxtehude

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Dieterich Buxtehude (* um 1637 wahrscheinlich in Helsingborg; 9. Mai 1707 in Lübeck) war ein dänisch-deutscher Organist und Komponist des Barock. Bei seinem Vornamen ist auch die Form Dietrich geläufig.

Leben

Dieterich Buxtehude (dänisch Diderik Buxtehude) wurde um 1637 als Sohn des aus Oldesloe in Holstein stammenden Organisten Johann Buxtehude (Hans Jenssen Buxtehude, 1602-1674) und Helle Jaspersdatters geboren, wahrscheinlich im damals dänischen Helsingborg. Frühere Annahmen, er sei in Bad Oldesloe geboren, können nicht ausgeschlossen werden, gelten zurzeit in der Forschung aber als weniger wahrscheinlich. 1641 war sein Vater nachweislich Organist an der St. Olaikirche in Helsingør. Dort absolvierte Dieterich Buxtehude vermutlich die Lateinschule.

Als Organist wirkte er seit 1657 an der Marienkirche in Helsingborg, 1660 bis 1668 an der Marienkirche (auch Deutsche Kirche) in Helsingør. Am 11. April 1668 wurde er Nachfolger Franz Tunders an St. Marien in Lübeck, dessen zweite Tochter Anna Margaretha er am 3. August desselben Jahres heiratete; dort übernahm er als Werckmeister auch Verwaltungsaufgaben und die Rechnungsführung. Er führte die von seinem Schwiegervater begründete, seit 1673 Abendmusiken genannte Reihe adventlicher geistlicher Konzerte fort, die ihn als Komponisten und virtuosen Organisten bekannt und berühmt machte. Schon 1669 ließen die Kirchenvorsteher der Marienkirche Seitenemporen anbringen, die es ermöglichten, von dort zusammen mit der großen Orgel zu musizieren.

1705 legte Johann Sebastian Bach die mehr als 400 Kilometer von Arnstadt (Thüringen) nach Lübeck zu Fuß zurück, um sein musikalisches Vorbild Buxtehude zu hören, und nahm vermutlich Unterricht bei ihm. Der Aufenthalt in Lübeck bedeutete für Bach so viel, dass er diesen Bildungsurlaub eigenmächtig erheblich verlängerte. Bach scheint sich jedoch für die Nachfolge des alternden Organisten nicht interessiert zu haben, im Gegensatz zu Georg Friedrich Händel oder Johann Mattheson, die diese Stelle in Erwägung zogen. Nachfolger Buxtehudes wurde schließlich Johann Christian Schieferdecker, der dessen älteste Tochter Anna Margreta heiratete.

Dieterich Buxtehude ist der berühmteste Vertreter der Norddeutschen Orgelschule. Sein bekanntester Schüler war Nicolaus Bruhns.

Buxtehude starb 1707 und wurde in der Lübecker Marienkirche in der Nähe der so genannten Totentanzorgel beigesetzt. Bei Bombenangriffen 1942 wurde die Grabstätte zerstört. Zu seinem 250. Todestag 1957 brachte man an seiner Grabstelle eine neue Gedenktafel an.

Von Buxtehude ist kein ihn eindeutig identifizierendes Porträt bekannt. Seit der Wiederentdeckung der Häuslichen Musikszene des flämischen Malers Johannes Voorhout von 1674 hat es verschiedentlich Versuche gegeben, darin Buxtehude zu identifizieren. 2008 wurde in der Lübecker Stadtbibliothek ein Porträt von Johann Theile entdeckt, das diesen als den Gambisten ausschließt. Das macht es umso wahrscheinlicher, dass Buxtehude der Gambist in der Musikszene ist.[1] Dieser greift auf seinem Instrument die Töne D und B, Buxtehudes Initialen.

Werke

Als Komponist schuf Buxtehude ein umfangreiches Werk. Unter seinen weltlichen Werken herrschen Triosonaten und Klavierwerke vor.

An geistlicher Musik schuf er viele Orgelwerke, etliche davon sind in ihrem Charakter nicht liturgisch, sondern konzertant, andere eignen sich als Vor- oder Nachspiel zum Gottesdienst wie zur konzertanten Aufführung.

Umfangreicher als das Orgelwerk ist Buxtehudes Vokalschaffen. Die oratorienartigen Abendmusiken, mit denen die Geschichte der geistlichen und öffentlichen Konzerte in Deutschland beginnt, und Kantaten, die nach dem Brauch der damaligen Zeit eher für den Gottesdienst geeignet sind, bestimmen diesen Teil seines Schaffens. Die Abendmusiken bestanden in Lübeck bis 1810 und wurden 1926 wieder begründet.

In seinen Kantaten verwendet Buxtehude drei verschiedene Textgattungen, denen jeweils auf den Texttyp zugeschnittene Kompositionstechniken entsprechen. Die erste, die Bibeltexte, sind zumeist dem Buch der Psalmen entnommen und werden in Form von Concerti in einem Wechsel von Soli und Tutti vertont. Die Kompositionstechnik berücksichtigt die Struktur der Texte und ist häufig mit einer einleitenden Sonate versehen. Die zweite Textgattung erfüllt liturgisch betrachtet die Funktion des Antwortgesanges, mit dem die Gläubigen auf das zuvor gehörte Wort Gottes reagieren. Hier stehen in den Kantaten Buxtehudes deutsche Choräle, die in Concertotechnik, als ein- oder mehrstimmiger homophoner Gesang vertont sind. Die dritte Textgattung bilden Bibelkommentare, mehrstrophige Gedichte, die zumeist in Arienform kompositorisch verarbeitet worden sind. Diese dritte Form entspricht der in der Bewegung des Pietismus wichtigen inneren Aneignung des Gotteswortes durch die gläubige Seele.

Dieterich Buxtehudes Werke sind im Buxtehude-Werke-Verzeichnis (BuxWV) katalogisiert.

135 Vokalwerke (BuxWV 1135):

  • über 100 Kantaten und Geistliche Konzerte
  • Passionszyklus Membra Jesu nostri (BuxWV 75)
  • eine Missa brevis (BuxWV 114)
  • einige Oratorien (größtenteils nicht erhalten)

89 Orgelwerke (BuxWV 136225):

  • 42 freie (Toccaten, Präludien, Fugen, Canzonen und Ostinatowerke)
  • 47 choralgebundene Werke

26 Cembalowerke (BuxWV 226251):

  • 20 Suiten
  • 6 Variationenwerke

24 Werke für Streicher und Basso continuo (BuxWV 252275)

  • 14 Triosonaten
  • 10 Sonaten

Schriften

  • Castrum Doloris Templum Honoris. Die Extraordinairen Abendmusiken, Lübeck 1705. Faksimile Lübeck 2002. ISBN 3-933652-14-6

Traditionspflege

Für die Erinnerung an Buxtehude und sein Werk setzte sich Hans Henny Jahnn (1894-1959) ein. Das Lübecker St.-Annen-Museum ehrte den Komponisten anlässlich des Lübecker Buxtehude-Jahres 2007 mit einer umfassenden Ausstellung. Im Rahmen dieses Festjahres fanden zahlreiche Konzerte mit international bekannten Musikern statt. Der Kreis der Freunde und Förderer der Kirchenmusik an St. Marien Lübeck e. V. sowie die am 8. Mai 2004 in Lübeck gegründete Internationale Dieterich-Buxtehude-Gesellschaft richten regelmäßig das Europäische Buxtehude-Fest aus, dessen Programm neben den Aufführungen Alter Musik und zeitgenössischer Kompositionen auch Lesungen umfasst.

Literatur

  • Arrey von Dommer: Buxtehude, Dietrich in der Allgemeinen Deutschen Biographie (ADB), Bd. 3, S. 667668
  • Hans Franck: Die Pilgerfahrt nach Lübeck Eine Bach-Novelle. 1936, ISBN 3-579-01021-2.
  • 3: 82. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Bd. 83, S. Buxtehude, Dietrich
  • Hans Joachim Moser: Dietrich Buxtehude Der Mann und sein Werk. Merseburger, Berlin 1957.
  • Hermann Wettstein: Dietrich Buxtehude 1637-1707. Bibliographie zu seinem Leben und Werk. München 1989, ISBN 3-598-10786-2.
  • Michael Belotti: Die freien Orgelwerke Dietrich Buxtehudes Überlieferungsgeschichtliche und stilkritische Studien. Frankfurt am Main 1995 (= Europäische Hochschulschriften: Reihe 36, Musikwissenschaft; Band 136, Diss. Freiburg 1993), ISBN 3-631-48534-4
  • Arnfried Edler, Friedhelm Krummacher (Hrsg.): Dietrich Buxtehude und die europäische Musik seiner Zeit: Bericht über das Lübecker Symposion 1987. Bärenreiter, Kassel 1990. 319 S., Ill., Noten (Kieler Schriften zur Musikwissenschaft 35), ISBN 3-7618-0994-8.
  • Kerala J. Snyder: Dieterich Buxtehude: Organist in Lübeck. Schirmer Books, New York 1987, 1993. 551 S., ISBN 0-02-873080-1; 2. überarbeitete und erweiterte Auflage (revised edition): University of Rochester Press, Rochester N.Y. 2007, ISBN 978-1-58046-253-2. Deutsch (Übersetzung der 2. Auflage): Dieterich Buxtehude. Leben, Werk, Aufführungspraxis. Bärenreiter, Kassel 2007. 581 S., ISBN 978-3-7618-1836-7.
  • Arndt Schnoor, Volker Scherliess: Theater-Music in der Kirche. Zur Geschichte der Lübecker Abendmusiken. Lübeck 2003, ISBN 3-933652-15-4.
  • Friedrich Wilhelm Bautz: Buxtehude, Dietrich. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 1, Hamm 1975, Sp. 833834.
  • Ibo Ortgies: Über den Umbau der großen Orgel der Marienkirche zu Lübeck durch Friederich Stellwagen 1637-1641. In: Cleveland Johnson (Hrsg.): Orphei organi antiqui, Essays in Honor of Harald Vogel. Westfield Center, Ithaca 2006, ISBN 0-9778400-0-X, S. 313-335. Corrigenda und Errata zu diesem Artikel.
  • Ibo Ortgies: 2037/2038 Vierhundert Jahre Dieterich Buxtehude (Gedanken zu einem Problem der Buxtehude-Forschung). Webveröffentlichung, 2007. Urspr. ersch. in Niederländisch unter dem Titel Volgend Buxtehude-jaar in 2037 of 2038. Gedachten bij een problem uit het Buxtehude-onderzoek. In: Het Orgel 104, no. 1 (2008): 13-17. Zusammenfassung auf Deutsch, Niederländisch und Englisch.
  • Dorothea Schröder (Hrsg.): 'Ein fürtrefflicher Organist und Componist zu Lübeck'. Dieterich Buxtehude (1637-1707) [Katalog zur Ausstellung Ein fürtrefflicher Organist und Componist zu Lübeck Dieterich Buxtehude. Lübeck, Museum für Kunst und Kulturgeschichte (St.-Annen-Museum) 2007]. Dräger, Lübeck 2007.
  • Stephen Rose: A Lübeck music auction, 1695. In: Schütz-Jahrbuch. 30, 2008, S. 171190.
  • Corinna Hesse: Königinnen oder Die 7 Rätsel des Dieterich B. Lübeck feiert Buxtehude. Hörbuch mit Musik: Stadtgeschichte Lebensgeschichte. Silberfuchs, 2006, ISBN 978-3-9810725-4-9
  • Georg Karstädt: Der Lübecker Kantatenband Dietrich Buxtehudes. Lübeck 1971.
  • Uwe Haensel: Dietrich Buxtehude zum 350. Geburtstag. Kiel 1987.
  • Wolfgang Sandberger (Hrsg.): Bach, Lübeck und die norddeutsche Musiktradition. Bärenreiter, Kassel 2002
  • Klaus Beckmann: Die Norddeutsche Schule. Orgelmusik im protestantischen Norddeutschland zwischen 1517 und 1755. Teil II Blütezeit und Verfall 1620-1755 Schott, Mainz 2009.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Portrait des Komponisten Johann Theile entdeckt abgerufen am 31. Juli 2011

Vorgänger Amt Nachfolger
Franz Tunder Organist an St. Marien zu Lübeck
1668-1707
Johann Christian Schieferdecker
Normdaten: Library of Congress Control Number (LCCN): n 81014122 | Virtual International Authority File (VIAF): 37101174
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