Kiss

Kiss (Band)

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Kiss ist eine US-amerikanische Hard-Rock-Band, gegründet 1973 in New York. Mit mehr als 100 Millionen weltweit verkauften Alben zählt die Gruppe zu den erfolgreichsten Rock-Bands.[1]

Geschminkte Gesichter

Die Band-Mitglieder fielen durch individuelle Kostüme auf und zeigten sich bis 1983 in der Öffentlichkeit nur geschminkt, wobei jedes Bandmitglied eine eigene, festgelegte Schminkmaske hatte (The Demon, The Starchild, The Spaceman, The Catman). Die Gesichter waren weiß geschminkt. Die aufgemalten Masken waren schwarz oder silbern (bei Ace Frehley). Peter Criss hatte beispielsweise die Maske einer Katze. Paul Stanley trug neben der plakatweißen Gesichtsgrundierung, die sein kantiges Kinn betonte, stets einen blutrot angemalten Mund und einen schwarzen Stern um das rechte Auge. Auf die Frage, warum sie geschminkt auf die Bühne gegangen seien, sagte Stanley 1994: „Eigentlich nur, weil wir das spaßig fanden. Natürlich schockierten wir die Leute mit diesen wilden Farben im Gesicht. Aber wir lachten darüber. Und bekamen genau die Aufmerksamkeit, die wir wollten.“[2]

Das Design veränderte sich im Laufe der Zeit immer wieder ein wenig. Am auffälligsten veränderte sich wohl Gene Simmons. Peter Criss’ Make-Up ist auf dem Cover des Albums Kiss noch deutlich anders zu sehen. Ace Frehleys Make-Up veränderte sich hauptsächlich an den Augenbrauen. Das Starchild-Design von Paul Stanley blieb beinahe unverändert (vor dem Starchild-Design gab es anfangs noch das Bandit-Design). Das Fox-Make-Up von Eric Carr hatte auch zwei Versionen. Davor gab es das Hawk-Make-Up, das er jedoch nicht tragen wollte. Das Make-Up von Tommy Thayer hat einige kleine Unterschiede zum Original von Ace Frehley: die Mundform, die silberne Farbe (in Thayers Fall eher grau), die Breite der schwarzen Linien, die Augenbrauen und die fehlende blaue Farbe aus Thayers Gesicht. Auch Eric Singers Make-Up hat viele Unterschiede zum Original von Criss: Die Schnurrhaare, die Form der grünen Bereiche bei den Augen und andere kleine Formunterschiede.

Geschichte

Gründungsjahre

Die Ursprünge von Kiss lassen sich zur New Yorker Rock-’n’-Roll-Band Wicked Lester zurückverfolgen. Im Jahr 1972 lernten sich der Grundschullehrer Gene Klein alias Gene Simmons und der Taxifahrer Stanley Eisen alias Paul Stanley kennen und entschieden sich, zusammen Musik zu machen. Zunächst übernahmen sie in einigen Bands Backing Vocals, bevor sie Wicked Lester gründeten. Simmons und Stanley baten die anderen Mitglieder, die Gruppe zu verlassen, nachdem Epic Records Ende 1972 ein selbstproduziertes Album der Band angenommen hatte. Die anderen Mitglieder wollten die Band jedoch nicht verlassen. Daher verließen sie selbst die Band, im Wissen, dass die restliche Band den Vertrag (ohne die einzigen zwei Songschreiber und Sänger) nicht aufrechterhalten konnte.

Nach dem Abgang antwortete Simmons auf eine Suchanzeige im Rolling Stone, die von Schlagzeuger Peter Criss stammte, der nach einer Band suchte. Criss absolvierte ein erfolgreiches Vorspielen und stieg bei der Band ein. Im Januar 1973 kam Paul „Ace“ Frehley als Leadgitarrist dazu. Im gleichen Monat änderte man den Gruppennamen und nannte sich fortan KISS. Die Namensänderung wird Stanley zugeschrieben, während das Design von Frehley stammte. Der Blitzen ähnelnde Bestandteil „SS“ wurde vielfach als Siegrune interpretiert. Gene Simmons sagte dazu später: „Wir waren keine Nazis. Das hatte nichts mit der SS zu tun. Ich bin schließlich Jude.“[3] Die Verwendung des Logos wurde in Deutschland weder strafrechtlich verfolgt, noch wurde sie gerichtlich verboten. Die spätere deutsche Plattenfirma wollte jedoch „unnötige Schwierigkeiten“ in der öffentlichen Wahrnehmung vermeiden und das Logo abändern lassen. Sie übte daher den entsprechenden Druck auf das Kiss-Management aus (das der Änderung des Logos auf den Albencovern der 1980er-Jahre schließlich zustimmte).[4]

Der erste Auftritt unter dem neuen Namen Kiss fand am 30. Januar 1973 vor drei zahlenden Zuschauern im Popcorn Club im New Yorker Stadtteil Queens statt. Im Juni desselben Jahres nahm die Gruppe unter der Federführung des Musikproduzenten Eddie Kramer in den Electric Lady Studios ein Demoband mit den fünf Titeln Deuce, Cold Gin, Strutter, Watchin’ You und Black Diamond auf. Das Band landete schließlich auch bei Neil Bogart von Buddah Records.

Im Sommer 1973 wurde Bill Aucoin der Manager der Band. Ihm gelang es, Kiss einen Plattenvertrag bei Bogarts neuem Label Emerald City Records (kurz darauf umbenannt zu Casablanca Records) zu verschaffen. Am 10. Oktober 1973 begannen Kiss in den Bell Sound Studios in New York mit den Aufnahmen zu ihrem ersten Album. Am 31. Dezember 1973 hatten Kiss ihren ersten offiziellen Auftritt in der Academy of Music in New York. Bei diesem Konzert setzte Simmons bei einer Feuerspuckereinlage erstmals versehentlich seine Haare in Brand. Er vermutete selbst, es könne das Haarspray gewesen sein, das er in großen Mengen benutzt hatte.[3]

Am 5. Februar 1974 startete die Band ihre erste Tournee durch Nordamerika mit einem Konzert im kanadischen Edmonton. Am 18. Februar 1974 erschien das Debütalbum Kiss. Das Foto auf dem Cover zeigte die geschminkten Band-Mitglieder. Das Album erreichte Platz 87 in der Hitparade.

Während des gesamten Frühlings und Sommers 1974 betrieben Casablanca Records und Kiss Werbung für das Album. Am 29. März 1974 waren Kiss erstmals im amerikanischen Fernsehen zu sehen. In der Sendung Dick Clark’s in Concert spielten sie die Titel Nothin’ to Lose, Firehouse und Black Diamond. Am 29. April 1974 traten Kiss in der Mike Douglas Show auf, wo sie Firehouse spielten und ein Interview mit Gene Simmons stattfand.

Im August 1974 flog die Band nach Los Angeles, um dort ihr zweites Album Hotter Than Hell aufzunehmen, das am 22. Oktober 1974 veröffentlicht wurde. Die einzige Single-Auskopplung aus diesem Album, Let Me Go, Rock ’n’ Roll, war kein kommerzieller Erfolg. Auch das Album kam über Platz 100 in der Hitparade nicht hinaus.

Obwohl es Kiss gelungen war, etwas Bekanntheit zu erlangen, waren Hitparadenerfolge bis 1974 ausgeblieben. So übernahm 1975 Casablanca-Records-Chef Neil Bogart persönlich die Aufgabe, das dritte Album zu produzieren. Er änderte den Sound der Gruppe vom „Garage-Band-Sound“ zu einem sauber durchproduzierten Studioalbum. Das Ergebnis der Arbeit kam unter dem Titel Dressed to Kill im März 1975 heraus. Auf dem Album befand sich das Lied C’m On and Love Me, das ein erfolgreicher Radiohit wurde.

Bühnenshows mit Schminke, Plateaustiefeln und Feuer in den Gitarren

Dressed to Kill erzielte zwar bessere Verkaufszahlen als die beiden Vorgängeralben; es waren jedoch vor allem die exzessiven Live-Auftritte der Band, die Kiss bekannt machten. Zu den Showeinlagen der Gruppe während ihrer Konzerte gehörten das „Blutspucken“ des Bassisten Gene Simmons (das Blut bestand aus einer Mischung von Joghurt und Lebensmittelfarbe) und das ebenfalls von Simmons vorgeführte Feuerspucken. Zu den geschminkten Gesichtern und den langen, schwarz gefärbten Haaren trugen die Bandmitglieder stets aufwändig gestaltete Phantasiekostüme und hohe Plateaustiefel.

Das Instrument des Leadgitarristen Ace Frehley ging während eines Solos scheinbar in Flammen auf (entsprechende Effekte waren in die Gitarre eingebaut); das in die Höhe aufsteigende Podest des Schlagzeugers Peter Criss sprühte Funken. Zu Paul Stanleys Bühnenshow gehörte, unterstützt durch pyrotechnische Effekte, das Zertrümmern seiner Gitarre im Stile Pete Townshends.

Späte 1970er-Jahre

Im September 1975 wurde ihr Live-Album mit dem Titel Alive! veröffentlicht. Die meisten Titel des Albums waren während des Auftritts in der Detroiter Cobo Arena aufgenommen worden. Das Live-Album verkaufte sich millionenfach. Es wurde vierfach mit Platin ausgezeichnet und die ausgekoppelte Single Rock and Roll All Nite brachte Kiss erstmals in die Top 40 der Hitparade.

Für das Nachfolgealbum wählte die Gruppe Bob Ezrin als Produzenten aus. Das Resultat dieser Zusammenarbeit war das Album Destroyer, das im März 1976 erschien. Es wurde das kommerziell erfolgreichste Studioalbum von Kiss. Das Cover stammte von Ken Kelly und diente später als Motiv für diverse Merchandising-Produkte, wie T-Shirts, Poster und andere Devotionalien.

Im Oktober 1976 traten Kiss mit den Titeln Detroit Rock City, Beth und King of the Night Time World in der Sendung The Paul Lynde Halloween Special auf.

Im November 1976 erschien Rock and Roll Over und im Juni 1977 Love Gun. Im November desselben Jahres veröffentlichte die Gruppe ihr zweites Live-Album Alive II, das als Doppel-LP erschien und auf der vierten Seite neue Studioaufnahmen enthielt.

In Japan brach Kiss den Besucherrekord für ein Konzert, der bis dahin von den Beatles gehalten wurde. Die Gruppe war auf dem Höhepunkt ihres Erfolgs. Marvel Comics veröffentlichte zwei Comic-Bände mit der Gruppe als Helden. Es gab Flipperautomaten mit den Konterfeis der Musiker, die Bandmitglieder als Puppen, Schminkutensilien, um sich im Stil der Band zu schminken, Halloween-Masken, Brettspiele und vieles mehr.

Ihre Popularität spiegelte sich auch in den Mitgliederzahlen des offiziellen Fanclubs der Band wider. Inzwischen hatte die Kiss Army eine sechsstellige Mitgliederzahl erreicht.

Im April 1978 erschien mit Double Platinum die erste von zahlreichen Greatest-Hits-Alben der Gruppe.

Bandkrise

Auf dem Höhepunkt ihrer Popularität wuchsen die Spannungen innerhalb der Gruppe. Im September 1978 wurden gleichzeitig Soloalben jedes der vier Bandmitglieder veröffentlicht. Auf diesen Alben hatten die Musiker die Gelegenheit, die jeweiligen musikalischen Vorlieben auszuleben. Frehleys Album war von den vieren das erfolgreichste und brachte den einzigen Radiohit aller vier Projekte hervor: New York Groove (eine Coverversion des gleichnamigen, von Russ Ballard geschriebenen Hits der Gruppe Hello) kam in die Top 20 der US-Charts. Obwohl die zahlreichen Vorbestellungen für die Alben dafür sorgten, dass jede LP es in die Top 50 der Billboard Album Chart schaffte, brachen die Verkäufe sehr schnell ein.

Die Einzelhändler bemühten sich daher, ihre großen Bestände wieder an die Plattenfirma zurückzugeben. Casablanca Records gewährte dem Einzelhandel grundsätzlich eine „100 percent return policy“, was bedeutete, dass Händler nicht verkaufte Ware gegen die volle Preiserstattung zurückgeben konnten – das galt auch für Ware, die Händler als Rabattleistung kostenlos bekommen hatten, sodass man beispielsweise von einer Platte amerikaweit offiziell 750.000 ausgeliefert („verkauft“) hatte, aber eine Mio. Stück zurückbekam – ein dickes Minusgeschäft.[5]

Im Oktober 1978 zeigte NBC einen Fernsehfilm mit dem Titel Kiss Meets the Phantom of the Park (dt. Titel: KISS – Von Phantomen gejagt), bei dem sie sich im Vergnügungspark Six Flags Magic Mountain gegen einen wahnsinnigen Erfinder und von ihm geschaffene KISS-Doppelgänger durchsetzen müssen, um den Park vor dem Untergang zu bewahren. Der Film sollte laut Konzept eine Mischung aus A Hard Day’s Night und Star Wars sein, aber die hohen Erwartungen wurden nicht erfüllt und der Film erntete vernichtende Kritiken. Trotzdem wurde er einer der meistgesehenen Fernsehfilme in den USA im Jahr 1978 und kam in einigen Ländern, u. a. in Deutschland, 1979 sogar in die Kinos.

Im Mai 1979 veröffentlichten Kiss ein neues Album, betitelt Dynasty. Es verkaufte sich ausgezeichnet und wurde mit Platin ausgezeichnet. Aus der LP wurde der Titel I Was Made for Lovin’ You ausgekoppelt. Es wurde die meistverkaufte und erfolgreichste Single der Band und erreichte weltweit die höchsten Plätze der Hitparaden. Das Lied verband den typischen Sound von Kiss mit Elementen der mittlerweile dominanten Discomusik.

Auf Dynasty – wie auch auf dem Nachfolgealbum Unmasked – wurde Peter Criss auf Anweisung des Produzenten Vini Poncia vom Session-Schlagzeuger Anton Fig ersetzt. Poncia war der Meinung, Criss’ Schlagzeugspiel sei qualitativ nicht mehr ausreichend. So spielte er nur beim Titel Dirty Livin’.

Die Tournee zum Dynasty-Album war 1979 ein Zeichen für die sinkende Popularität der Gruppe. War man bislang an ausverkaufte Konzerthallen gewöhnt, spielten Kiss nun häufig in halbleeren Hallen.

1980er-Jahre

Im Mai 1980 kam die LP Unmasked auf den Markt. Kurz darauf verließ Peter Criss, der mit Drogensucht und einer Ehekrise zu kämpfen hatte, Kiss. Obwohl Criss auf dem Cover des Albums zu sehen ist und im Musikvideo zu Shandi mitwirkte, war er bei den Aufnahmen zum Album in keiner Weise mehr beteiligt gewesen. Schlagzeug spielte ausschließlich Anton Fig.

Obwohl das Album zeitgemäß produziert war, wurde es das erste Album seit Dressed to Kill, das nicht mit Platin ausgezeichnet wurde. Es gab nur ein US-Konzert im New Yorker Palladium Theatre, um den neuen Schlagzeuger der Gruppe Eric Carr vorzustellen. Die Tour durch Australien war für Kiss dann allerdings sehr erfolgreich.

Im November 1981 erschien das erste Album in der neuen Besetzung mit Eric Carr am Schlagzeug. Music from the Elder war ein Konzeptalbum. Das Album verkaufte sich für Kiss-Verhältnisse schlecht und kam über Platz 75 in der Hitparade nicht hinaus. Der alkoholabhängige Ace Frehley war an der Produktion kaum beteiligt gewesen. Er steuerte lediglich die beiden Lieder Escape from the Island und Dark Light bei.

Im Juni 1982 erschien außerhalb der USA das Kompilationsalbum Killers, das vier unveröffentlichte Stücke enthielt. Auf dem Cover war hier zum ersten Mal ein veränderter Schriftzug des Namens der Band zu sehen. Um insbesondere Kritik in Europa und vor allem in Deutschland zu vermeiden, war das SS-Logo „entschärft“ worden.

Im gleichen Jahr trennten sich Kiss von ihrem langjährigen Manager Bill Aucoin und verkleinerten die gesamte Organisation, die sich um die Geschäfte der Gruppe gekümmert hatte. Ungefähr zu dieser Zeit hatte Ace Frehley für sich den Entschluss gefasst, die Gruppe zu verlassen, aber Gene Simmons und Paul Stanley wollten aus Imagegründen, dass Frehley noch auf dem Album Creatures of the Night auftauchte. So kam es im Oktober 1982, dass er auf dem Cover und im Musikvideo zu I Love It Loud zu sehen ist, obwohl er an den Studioaufnahmen nicht mehr beteiligt war.

Creatures of the Night war nach mehreren Jahren wieder ein hartes Album der Gruppe. Verschiedene Gitarristen ersetzten Frehley bei den Aufnahmen. Steve Farris, Bob Kulick und Vincent Cusano, der später unter dem Namen Vinnie Vincent bekannt wurde, sind an der Gitarre zu hören. Einige der Titel auf dem Album stammten von Bryan Adams und Jim Vallance. Creatures of the Night verkaufte sich zwar deutlich besser als Music from the Elder, erreichte aber auch nur Platz 45 der Hitparade. Da Frehley die Band kurz nach den Dreharbeiten zum Video von I Love It Loud auch offiziell verlassen hatte, musste die Gruppe schnell einen Ersatz für ihn finden, um die 10th Anniversary Tour nicht ins Wasser fallen zu lassen. Vinnie Vincent, der schon bei den Aufnahmen für das Album mitgewirkt hatte, sprang ein und gab sich eine Maskierung im altägyptischen Stil.

Obwohl die Tournee in den USA nicht an die alten Erfolge der Gruppe heranreichte, spielten Kiss vor mehr Zuschauern als je zuvor in ihrer Karriere: Im Juni 1983 sahen 137.000 Zuschauer das Konzert in Brasilien. Während dieser Tournee sah man Kiss für lange Zeit zum letzten Mal in ihren Masken auftreten. Erst am 28. Juni 1996 legten die Musiker wieder ihr Make-up auf.

Demaskiert

Um ihr Album Lick It Up zu bewerben, beschloss die Gruppe 1983, bei einem Live-Auftritt im Musiksender MTV ungeschminkt aufzutreten. Dieser Auftritt hatte die beabsichtigte Wirkung und das Album verkaufte sich besser als die beiden Vorgänger.

Es kam erneut zu einem Wechsel in der Besetzung. Der gerade neu in die Band gekommene Gitarrist Vinnie Vincent wurde im Mai 1984 entlassen und durch Mark St. John ersetzt. Im September 1984 kam das Album Animalize auf den Markt und war ähnlich erfolgreich wie das Vorgängeralbum. Kiss hatten mit den Titeln Heaven’s on Fire und Thrills in the Night erfolgreiche Single-Hits, und die Tour zum Album der Gruppe war gut besucht. Mark St. John erkrankte während der Proben zur folgenden Tournee an Morbus Reiter und wurde bei den Konzerten der Animalize-Tour in Europa, die vom 30. September 1984 bis zum 5. November 1984 dauerte, durch Bruce Kulick ersetzt.[6] Als Kiss in die USA zurückkehrten, nahm St. John an der am 15. November 1984 begonnenen Tournee teil, wurde jedoch auch hier durch Bruce Kulick vertreten und beobachtete die Konzerte von der Bühnenseite oder dem Zuschauerraum aus.[7] Erst beim Konzert in Baltimore am 27. November 1984 konnte er das erste Mal überhaupt mit Kiss auftreten. St. John spielte auch bei den nächsten beiden Konzerten, und zwar jeweils die gesamte Show, musste aber bereits am 2. Dezember 1984 in Indianapolis wieder vollständig von Bruce Kulick ersetzt werden.[6] St. John begleitete die Band auch in der ersten Dezemberwoche 1984 noch, erhielt am 7. Dezember 1984 jedoch seine Kündigung und wurde nach Hause geschickt. Die nicht absehbare Entwicklung seiner Erkrankung war letztlich ausschlaggebend für die Entscheidung, ihn zu feuern.[8] Bruce Kulick wurde einen Tag später Mitglied der Band.

In der zweiten Hälfte der 1980er Jahre veröffentlichten Kiss eine Reihe erfolgreicher Alben. So erschienen im September 1985 Asylum, im September 1987 Crazy Nights, im November 1988 die Kompilation Smashes, Thrashes & Hits und im November 1989 schließlich Hot in the Shade. Bei der Crazy Nights Tour bediente Bruce Kulick bei Reason to Live ein Keyboard. Die restliche Zeit spielte Gary Corbett an Keyboards, allerdings hinter der Bühne hinter einem Vorhang versteckt.[9] Bei den Revenge-Touren wurde neben Corbett Derek Sherinian als Keyboarder eingesetzt.

1990er-Jahre

Die 1990er begannen für Kiss sehr erfolgreich, die Ballade Forever (Michael Bolton war Co-Autor) war die erfolgreichste Single seit I Was Made for Lovin’ You. Trotz dieser Erfolge in ihrer „demaskierten“ Ära spürten Kiss die Konkurrenz neuerer Gruppen, wie Mötley Crüe, Guns N’ Roses und Bon Jovi, die deutlich mehr Alben verkauften und mehr Zuschauer in die Konzerthallen lockten.

Mitten in den Planungen für das neue Album unter der Regie des Produzenten Bob Ezrin erfuhren Kiss, dass Eric Carr an Krebs erkrankt war. Am 24. November 1991 starb der Schlagzeuger im Alter von 41 Jahren. Eric Singer übernahm bei den Plattenaufnahmen die Position des Schlagzeugers. Mit ihm nahmen sie das Album Revenge auf, das im Mai 1992 erschien. Revenge erreichte die Top Ten in der Hitparade und wurde mit Gold ausgezeichnet. Die Tour zum Album führte die Gruppe dieses Mal in zahlreiche kleinere Clubs und weniger in große Hallen.

Im Mai 1993 veröffentlichten Kiss das dritte Live-Album, Alive III.

Im Juni 1994 erschien Kiss My Ass, ein Hommage-Album, zu dem unterschiedlichste Künstler ihre Versionen von bekannten Kiss-Titeln beisteuerten. Zu den Künstlern gehörten u. a. Lenny Kravitz bei Deuce, Yoshiki, der eine Klavier-/Klassik-Version von Black Diamond beisteuerte. Die Mighty Mighty Bosstones spielten eine Ska-Version von Detroit Rock City ein. Garth Brooks sang Hard Luck Woman. Die in Deutschland veröffentlichte Version des Albums enthielt einen Bonustrack, auf dem Die Ärzte mit einer deutschen Fassung von Unholy (das einzige Stück aus der „unmaskierten Zeit“) zu hören sind.

1995 brachen Kiss zu der Worldwide Kiss Convention Tour auf. Die Conventions waren Veranstaltungen, die jeweils den ganzen Tag dauerten. Es wurden alte Bühnenoutfits und Instrumente der Gruppe präsentiert, Cover-Bands traten auf, Merchandising-Produkte aller Art wurden angeboten und als Höhepunkt waren Kiss selbst anwesend. Die Band-Mitglieder standen für Interviews zur Verfügung, gaben Autogramme und spielten ein rund zweistündiges Unplugged-Konzert, wobei die Darbietungen oft nach Wünschen der Fans ausgewählt wurden. Bei der ersten dieser Veranstaltungen in den USA, am 17. Juni 1995, gab es ein Wiedersehen mit Peter Criss, der auch zwei Stücke mit der Gruppe sang: Hard Luck Woman und Nothin’ to Lose.

Am 9. August 1995 traten Kiss in der Sendung MTV Unplugged auf. Stanley und Simmons hatten die ehemaligen Mitglieder Criss und Frehley eingeladen, an diesem Konzert teilzunehmen. Beide sagten zu und stiegen bei den Zugaben ins Konzert ein. In den Wochen nach dem Unplugged-Auftritt nahmen Kiss das Album Carnival of Souls auf, das zwei Jahre später erschien.

Wiedervereinigt

Die Erfahrungen beim Auftritt mit Criss und Frehley bei der Unplugged-Show waren so positiv gewesen, dass die Gruppe 1996 in der Ur-Besetzung und wieder mit Make-up auf die Kiss Alive/Worldwide Tour ging.

Kiss zogen bei der Vermarktung der Wiedervereinigung sämtliche Register. Die Kampagne startete am 28. Februar 1996 mit einem Auftritt bei der 38. Verleihung der Grammy Awards. Am 16. April 1996 lud die Gruppe zu einer Pressekonferenz an Bord der USS Intrepid in New York, wo sie ihre „Pläne zur Erringung der Weltherrschaft“ verkündete. Die Pressekonferenz, moderiert von US-Fernsehstar Conan O’Brien, wurde in 58 Länder übertragen. Am 28. Juni 1996 begann die Kiss Alive/Worldwide Tour mit einem Konzert im ausverkauften Tiger Stadium von Detroit. Bei den Auftritten in Deutschland und der Schweiz traten Die Ärzte im Vorprogramm auf.

Im September 1998 veröffentlichte die wiedervereinte Band das Album Psycho Circus. Obwohl es groß als das erste Album in der Originalbesetzung seit dem 1977er-Album Love Gun vermarktet wurde, waren die tatsächlichen Beiträge von Frehley und Criss auf Psycho Circus nur minimal. Die meisten Leadgitarrenparts stammten von Tommy Thayer und Bruce Kulick. Die Schlagzeugparts wurden vom Studiomusiker Kevin Valentine eingespielt.

Am 13. August 1999 kam der von Simmons produzierte Spielfilm Detroit Rock City in die amerikanischen Kinos. Der Film spielt im Jahr 1978. Im Mittelpunkt der Geschichte stehen vier Teenager, die sich darum bemühen, Tickets für ein bereits ausverkauftes Kiss-Konzert in Detroit zu bekommen. Zwei Tage vor der Premiere des Films hatten Kiss den Stern Nr. 2142 auf dem berühmten Hollywood Walk of Fame erhalten.[10] Für den Film nahm die Band das Lied Detroit Rock City neu auf, diese Neufassung wurde jedoch nur in einer Konzertszene im Film verwendet und war nicht Bestandteil des Soundtrack-Albums.[11] Ebenfalls für den Soundtrack nahm Paul Stanley mithilfe von Bruce Kulick (Bass) und Steve Ferrone (Schlagzeug) sowie einem 30köpfigen Orchester die von Diane Warren geschriebene Ballade Nothing can Keep Me From You auf, die auf dem Album ebenfalls als Kiss-Song erschien.[11]

Im Frühjahr 2000 kündigten Kiss eine USA-Abschiedstournee an, die im Sommer stattfinden sollte und zu einer der bestbesuchten Konzertreihen des Jahres wurde. Anfang des Jahres 2001, kurz vor Beginn der Japan- und Australientournee, verließ Criss erneut die Band. Er wurde vom vorigen Schlagzeuger Eric Singer ersetzt, der in Criss’ Katzen-Make-up auftrat.

Die 2000er-Jahre

Im Jahr 2002 veröffentlichte Simmons seine Autobiografie. Er ließ in diesem Buch kaum ein gutes Haar an Frehley, der aus Protest bei einem Fernsehauftritt der Band nicht erschien.

2003 ging Kiss gemeinsam mit Aerosmith auf eine weitere Tour. Criss war mittlerweile in die Gruppe zurückgekehrt, dafür fehlte Frehley, der nach den Ereignissen im Jahr 2002 nicht mehr mit Simmons und Stanley spielen wollte. An seiner Stelle spielte Tommy Thayer. In dieser Besetzung nahm Kiss das vierte Live-Album Alive IV bei einem Konzert in Australien auf. Begleitet wurde die Gruppe dabei vom Melbourne Symphony Orchestra.

Im März 2004 musste Criss die Band erneut verlassen. Simmons und Stanley verlängerten seinen Vertrag nicht. Auf seiner Webseite beschreibt Criss, wie seine Entlassung stattfand: Stanley habe ihn angerufen und ihm mitgeteilt, dass „die Band frisches Blut brauche“. Wieder war es Singer, der ihn ersetzte. Die Rock the Nation 2004 World Tour unternahm Kiss gemeinsam mit Poison.

Im Juni 2004 erschien das zweite Soloalbum von Gene Simmons. Es trug den Titel Asshole.

Am 27. Juni 2006 eröffnete die Gruppe in Myrtle Beach (South Carolina) unter dem Namen Kiss Coffeehouse ein Kaffeehaus im Stile der Starbucks-Kette. Bei der Einweihung waren Simmons und Stanley zugegen.

Am 5. April 2007 starb der Kurzzeit-Gitarrist Mark St. John an einer Hirnblutung.[12]

Kiss tourt noch immer regelmäßig auf allen Kontinenten. Von der Anfangsformation sind nur die Gründer Simmons und Stanley dabei. Zwar versuchten sie, auch Criss wieder zurückzuholen, zumindest für ein paar Auftritte, doch er sagte immer ab.

2008 war die Band anlässlich ihres 35-jährigen Bestehens auf Welttournee, der Kiss Alive/35-Tour. Diese startete am 16. März in Australien, führte weiter nach Europa und erstmals auch nach Russland und Lettland. In Deutschland gab die Gruppe acht Konzerte.

Im Februar 2009 und in der Folgezeit gab Kiss offiziell auf ihrer Homepage bekannt, an einem neuen Studioalbum zu arbeiten. Das Album Sonic Boom wurde Anfang Oktober 2009 veröffentlicht.

Am 3. Juni 2010 eröffnete Kiss als erster Headliner das Festival Rock am Ring.[13]

Die Band arbeitete ab April 2011 an einem neuen Album mit dem Titel Monster[14] und veröffentlichte Ende Juni 2012 das offizielle Tour Magazine.[15] Am 2. Juli 2012 veröffentlichte Kiss die Single Hell or Hallelujah. Das Album Monster wurde am 5. Oktober 2012 veröffentlicht.

Die Gründungsmitglieder von Kiss wurden am 10. April 2014 in die Rock and Roll Hall of Fame aufgenommen.[16]

Im Januar 2015 veröffentlichte Kiss eine Single mit der japanischen Gruppe Momoiro Clover Z, die sowohl in einer japanischen Variante (Yume No Ukiyo Ni Saitemina) als auch in einer Kiss-Version (Samurai Son) erhältlich war.[17]

Im Dezember 2016 lehnte KISS die Einladung von Donald Trump ab, bei der Zeremonie zur Amtseinführung (20. Januar 2017) aufzutreten. Gene Simmons begründete die Absage mit der Europatournee von Kiss 2017. Das erste Konzert der Europa-Tournee war für den 1. Mai 2017 (also vier Monate später) in Moskau vorgesehen.[18][19]

Gene Simmons und Paul Stanley hatten 2016 einen Cameo-Auftritt in der US-amerikanischen Filmkomödie Why Him?, in der sie in einer Szene unter anderem das Lied I Was Made for Lovin’ You singen.

Musikgeschichtliche Einordnung

Neben Bands wie The Sweet, T. Rex und Slade wurden Kiss wegen ihrer Kostüme und Masken oft mit dem Begriff des Glam Rock in Verbindung gebracht. Der Musikkritiker Stephen Thomas Erlewine schreibt dazu: „Die Musik von Kiss war eine kommerziell funktionierende Mischung aus hymnischem, gitarrengeprägtem Hard Rock und Balladen, bei denen die Gitarren dann wegflossen. Das war der Sound, der den ‚Stadion-Rock‘ und das ‚Pop-Metal‘ ermöglichten, die später in den 1980er Jahren die Rockmusik beherrschten.“[20]

Kiss kleideten sich zu Zeiten des Glam-Rock sehr viel dunkler – hauptsächlich in Leder – und spielten auch härter und lauter. Auch die Horror-Show stand im Kontrast zum eher süßlichen Image des Glam-Rock. Kiss gelten als Vorreiter im Erfinden immer neuer Merchandise-Artikel beziehungsweise als die Band, die das Merchandising im großen Stil erfunden und revolutioniert hat. Allein im Jahr 1980 wurden damit über 100 Millionen US-Dollar umgesetzt. 1997 veröffentlichte der Spielwaren-Hersteller McFarlane Toys eine erste Serie von realitätsgetreuen Miniatur-Figuren der Kiss-Musiker. Diese erwiesen sich in Sammlerkreisen als Verkaufsschlager, so dass vier weitere Kiss-Serien folgten und auch weitere Rock-Stars porträtiert wurden.

Mit ihrem Sound in den 1970er Jahren beeinflussten Kiss nachfolgende Generationen von Musikern. Die Ärzte, Lenny Kravitz, Mitglieder von Metallica, Nirvana, Lordi (allesamt Mitglieder der Kiss Army), Pearl Jam, Green Day und die Sängerin Doro Pesch nennen Kiss als ihre Idole und den Grund dafür, warum sie damals mit dem Musikmachen angefangen hätten. The Melvins huldigten Kiss 1992 mit drei gleichzeitig veröffentlichten Soloalben der damaligen Mitglieder King Buzzo, Dale Crover und Joe Preston, deren Cover denen der Kiss-Soloalben von 1978 nachempfunden waren. Auch Peter Tägtgren bezeichnet Kiss neben dem Thrash Metal als seinen wichtigsten musikalischen Einfluss.[21]

Kiss sind kommerziell sehr erfolgreich und die Band, die weltweit nach den Beatles und den Rolling Stones die meisten Goldenen Schallplatten verliehen bekommen hat. Allein in den USA hat die Band bislang 24 Goldene Schallplatten, zehn Platin-Schallplatten sowie zwei Multiplatin-Auszeichnungen erhalten.[22] Insgesamt hat die Band weltweit über 100 Millionen Alben verkauft.

Hintergrund der Alben

Die musikalische Bandgeschichte kennt mehrere klar getrennte Abschnitte. Kiss hatten 1974 und 1975 innerhalb von 18 Monaten die drei Alben Kiss, Hotter Than Hell und Dressed to Kill mit „haarsträubender, wildwuchernder Musik“[23] aufgenommen. Die drei Alben bildeten die Basis der 1975 erschienenen Live-Doppel-LP Alive!, die zu einem „Meilenstein der Rockgeschichte“ wurde.[24] Das Doppelalbum verkaufte sich über vier Millionen Mal und machte die Band schlagartig einem großen Publikum bekannt.[25] Destroyer, stilistisch ein „Quantensprung“ zu den Vorgängeralben,[26] Rock and Roll Over und Love Gun folgten 1976 und 1977 und bildeten ihrerseits die Grundlage des ebenfalls erfolgreichen Live-Doppelalbums Alive II. Als Abschluss dieser ersten, „klassischen“ Phase können die 1978 von allen vier Bandmitgliedern gleichzeitig herausgebrachten vier Soloalben – Ace Frehley, Gene Simmons, Paul Stanley und Peter Criss – gezählt werden, die jeweils unter dem Namen der Band und des jeweiligen Musikers erschienen.[27]

Mit dem Album Dynasty wichen Kiss 1979 erstmals von ihrer ursprünglichen Linie ab, es war die erste wichtige musikalische Veränderung der Band.[28] Denn dieses Album war durch die seinerzeit starke, den Musikbereich weitgehend beherrschende Discowelle Ende der 1970er geprägt.[29] Das 1980 erschienene Folgealbum Unmasked mit seinem seichten, frischen Popsound ging in eine noch poppigere Richtung als das Vorgängeralbum, die ursprüngliche „musikalische Wildheit“ war nicht mehr vorhanden.[30]

Im Jahr 1981 stellte die Gruppe das Konzeptalbum Music from the Elder vor, das eine Art Fantasy-Rock darstellte und auf dem Fanfaren und Symphonieorchestermusik eine wesentliche Rolle spielten; einige Kritiker sprachen von einer Prog-Rock-Mischung. Das Album erhielt zwar gute Kritiken, die musikalische Entwicklung der Band war aber schizophren:[31] Die Musik hatte sich vom ursprünglichen metallischen Kiss-Sound so weit entfernt, dass das Album bei der Anhängerschaft als Tiefpunkt gilt und ein kommerzieller Misserfolg wurde.[32] Die beginnenden 1980er-Jahre waren personell vom Weggang zweier Mitglieder der Ur-Besetzung gekennzeichnet, namentlich des Schlagzeugers Peter Criss 1980 und des Lead-Gitarristen Ace Frehley 1982.

Auf diese beiden Zwischenphasen folgte 1982 ein musikalisch radikaler und durchgreifender Richtungswechsel hin zum ursprünglichen Hardrock.[33] Die 1982 erschienene Mischung aus Studio- und Kompilationsalbum Killers deutete dies bereits an. Die im selben Jahr erschienene LP Creatures of the Night war für ein Comeback wie geschaffen und fing den Hardrock-Sound der Band ein.[34] Das Album fiel wieder härter aus; es bestand aus lautem, rhythmischem, bass- und gitarredominiertem Hardrock und führte die Band zu ihren musikalischen Wurzeln zurück.[35] Das Folgealbum Lick It Up stand dem Vorgängeralbum nicht nach[36] und zeichnete sich durch seinen harten, metallischen Sound und seinen Rock-Rap-Stil aus.[37] Das Album war die erste LP, die die Band ohne ihr klassisches Make-up herausbrachte. Die nachfolgenden Alben Animalize, Asylum, Crazy Nights und Hot in the Shade in den Jahren 1984 bis 1989 entstanden allesamt in der make-up-freien Zeit. Die Alben gelten zwar als solide und rockig,[38] aber auch als kommerziell.[39] Der Musikstil entwickelte sich ab 1987 wiederum hin zu poppigen und eher profillosen Scheiben, was zumindest für Crazy Nights und Hot in the Shade gilt.[40]

Das 1992er-Album Revenge war erneut eine musikalische Kurskorrektur in der Kiss-Geschichte.[41] Das Werk sollte sich deutlich von den Vorgängeralben abgrenzen und hervorheben. Nach Ansicht der Kritiken gehörte Revenge zu den musikalisch gelungensten LPs der Band. Das Album hörte sich nicht an wie seine unmittelbaren Vorgängeralben, es war wieder deutlich härter und erinnert an den Richtungswechsel von 1982, mit dem der Richtungswechsel von Revenge häufig verglichen wird. So sind annähernd alle Stücke klassischer Hardrock mit einem „wohldosierten Maß an zackiger Heaviness“ und einem „satten Sound“,[42] in denen harte Gitarrenriffs dominieren. Revenge war Ausfluss einer neuen Ausrichtung und galt als eine Art Renaissance für die Band. Bei Kiss herrschte wieder der „Geist der Gründerjahre“,[43] mit dem sie zu „alter Aggressivität und Kampfeslust“ zurückfanden.[44] Zum ersten Mal entstand mit Revenge ein Album auch erst drei Jahre nach dem vorangegangenen, während die Band die Jahre zuvor deutlich produktiver war. 1993 brachten Kiss Alive III heraus, auf dem sich neben alten (teilweise bereits auf den vorigen Live-Alben präsenten) Stücken aus den 1970er-Jahren und frühen 1980er-Jahren auch eine Reihe neuerer Songs aus Revenge befanden.

Carnival of Souls wurde zwar 1995/1996 aufgenommen, erschien aber erst 1997 – fünf Jahre nach dem vorangegangenen Album. Aufgrund der Reunion der ursprünglichen Bandbesetzung erschien der Plattenfirma der Zeitpunkt für die Herausgabe des Albums nicht günstig. Denn die Band war auf Carnival of Souls nicht im wiedervereinigten Original-Line Up zu hören. Entsprechend verhalten waren die Reaktionen der Anhängerschaft und der Käufer. Auf dieser Scheibe experimentierten Kiss mit Grunge und einer düsteren[45] Hardrock-/Heavy Metal-Melange. Das Album klingt moderner und songtechnisch konstruktiv[46] und verfolgt ein zeitgemäßes Stilkonzept im halbharten Midtempo-Bereich.[47] Sowohl der Gesang als auch die instrumentale Musik sind insgesamt vergleichsweise langsam, langatmig, tieftönig und mitunter schwermütig.[48]

1998 erschien Psycho Circus, nachdem die Band mit ihrer Reunion 1996 beträchtliche Tourneeerfolge erzielt hatte und noch bis in die Gegenwart erzielt. Die CD war das erste Album seit 1982 mit klassischem Make-up. Das Werk ist ein grundsolides, mainstreamiges Hardrock-Album,[49] melodisch, mit harten Gitarren, poppigen Attitüden[50] und rockigen Ohrwurmmelodien,[51] aber auch mit klischeeüberladenen Songs.[52] Die zweite Scheibe in der „neuen“ Make-up-Zeit war Sonic Boom. Sie erschien 2009 und somit erst elf Jahre nach dem letzten Album, so dass aufgrund der langen Zeitabstände klar definierbare Phasen nicht mehr ersichtlich sind. Auf Sonic Boom findet sich der klassische Hardrock-Sound[53] mit Mitsing-Refrains. Bluesiger Hardrock dominiert, stilistische Experimente fehlen ebenso wie allzu poppige Arrangements.[54] 2012 erschien Monster, das dritte Studioalbum der „neuen“ Make-up-Zeit, drei Jahre nach dem letzten Album.

Die Produktivität der Band, Studioalben aufzunehmen, ließ im Laufe der Jahrzehnte deutlich nach. So nahmen sie noch in den 1970er-Jahren teilweise zwei Alben pro Jahr auf. Die Frequenz verlangsamte sich in den 1980er-Jahren auf einen recht stabilen Ein- oder Zweijahres-Rhythmus. Ab den 1990er-Jahren erschienen Studioalben nur noch unregelmäßig in großen Abständen.

Diskografie

Studioalben

  • 1974: Kiss
  • 1974: Hotter Than Hell
  • 1975: Dressed to Kill
  • 1976: Destroyer
  • 1976: Rock and Roll Over
  • 1977: Love Gun
  • 1979: Dynasty
  • 1980: Unmasked
  • 1981: Music from the Elder
  • 1982: Creatures of the Night
  • 1983: Lick It Up
  • 1984: Animalize
  • 1985: Asylum
  • 1987: Crazy Nights
  • 1989: Hot in the Shade
  • 1992: Revenge
  • 1997: Carnival of Souls
  • 1998: Psycho Circus
  • 2009: Sonic Boom
  • 2012: Monster

Besetzungen

Tourneen

Literatur

  • James Campion: Shout It Out Loud: The Story of Kiss’s Destroyer and the Making of an American Icon; Hal Leonard Corporation 2015, ISBN 978-1617-136184.
  • Lydia Criss: Sealed with a Kiss; Lydia Criss Publishing; ISBN 1-56849-739-3.
  • Julian Gill: The Kiss Album Focus – Kings of the Night Time World, 1972–1982; 3. Auflage, KissFaq.com 2008, ISBN 978-0-9722253-7-3.
  • Julian Gill: The Kiss Album Focus – Hell or High Water, 1983–1996; 4. Auflage, KissFaq.com 2005; ISBN 978-0-9822537-0-0.
  • Julian Gill: The Kiss Album Focus – Roar of the Greasepaint, 1997–2006; 3. Auflage, KissFaq.com 2006; ISBN 0-9722253-5-8.
  • Julian Gill: Gene, Ace, Peter & Paul: A Detailed Exploration of the 1978 KISS Solo Albums; KISSFAQ.COM Publishing 2015, ISBN 978-0982253762.
  • Curt Gooch und Jeff Suhs: Kiss Alive Forever – The Complete Touring History; Billboard Books NY; ISBN 0-8230-8322-5.
  • Kisstory Ltd.: KISStory, 1994, Library of Congress Catalog Card 94-73457.
  • David Leaf und Ken Sharp: Kiss demaskiert: Die offizielle Biographie; Iron Pages 2005; ISBN 3-931624-28-5.
  • C. K. Lendt: Kiss and Sell – The Making of a Supergroup; Billboard Books NY; ISBN 0-8230-7604-0.
  • Karen und John Lesniewski: Kiss Collectibles – Identification and Price Guide; Avon Books 1993; ISBN 0-380-77166-7.
  • Ken Sharp mit Paul Stanley und Gene Simmons: Die Geschichte von KISS (Unsere Anfangsjahre). Hannibal Verlag, Höfen 2014, ISBN 978-3-85445-443-4 (Originalausgabe: Nothin’ to Lose: The Making of KISS (1972–1975))
  • Dale Sherman: Black Diamond – The Unauthorized Biography of Kiss; Collector’s Guide Publishing Inc., 1997; ISBN 1-896522-35-1.
  • Dale Sherman: Black Diamond 2 – The Illustrated Collectors Guide to Kiss; Collector’s Guide Publishing Inc., 1997; ISBN 1-896522-36-X.
  • Gene Simmons: So wird man Rockstar und Millionär (Mein Erfolgsrezept). Hannibal Verlag, Höfen 2015, ISBN 978-3-85445-473-1 (Originalausgabe: Me, Inc.: Build an Army of One, Unleash Your Inner Rock God, Win at Business)
  • Paul Stanley: Hinter der Maske (Die Autobiografie). Hannibal Verlag, Höfen 2014, ISBN 978-3-85445-455-7 (Originalausgabe: Face the Music)

Weblinks

 Commons: Kiss – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. bbc.co.uk: Kiss: still rocking hard. Zugriff am 11. Juli 2011.
  2. Q Magazine, 11/1994.
  3. a b Stern Nr. 2/2005.
  4. Dr. Uwe Scheffler: Kunst und Strafrecht, S. 29 und 31, vom 18. April 2015, PDF, abgerufen am 21. April 2015
  5. And Party Every Day – The Inside Story of Casablanca Records. S. 93.
  6. a b Curt Gooch, Jeff Suhs: Kiss Alive Forever – A Complete Touring History; Billboard Books 2002, erste Auflage; ISBN 0-8230-8322-5.
  7. David Leaf, Ken Sharp: Kiss: Behind the Mask; Warner Books, New York, 2003. ISBN 0-446-53073-5.
  8. Dale Sherman: Black Diamond – The Unauthorized Biography of Kiss; Collectors Guide Publishing Inc., 1997, ISBN 1-896522-35-1.
  9. THE KISS TOURS - 1987 Crazy Nights. Abgerufen am 30. Juli 2014.
  10. Walk of Fame Image; abgerufen 9. April 2014
  11. a b Julian Gill: The Kiss Album Focus, Volume 3 - The Roar of the Greasepaint 1997-2006, KissFaq.com, ISBN 0-9722253-5-8, Seiten 49–67.
  12. laut.de: Kiss: Ex-Gitarrist gestorben
  13. kissonline.com Kiss Europa Tour 2010
  14. KISS geben Albumtitel bekannt
  15. KISS: MONSTER—The Official Album and Tour Magazine is coming!
  16. Hall Of Fame: Zeremonie trotz Kiss friedlich verlaufen. Abgerufen am 30. Juli 2014.
  17. http://www.metal-hammer.de/kiss-momoiro-clover-z-video-zu-gemeinsamer-single-419101/
  18. Trump wollte Kiss zur Amtseinführung - so hat Gene Simmons reagiert aus: Rolling Stone vom 22. Dezember 2016 (abgerufen am 30. Dezember 2016)
  19. Trumps Amtseinführung: Diese Musiker haben alle abgesagt aus: Rolling Stone vom 23. Dezember 2016 (abgerufen am 30. Dezember 2016)
  20. Stephen Thomas Erlewine: Kiss. In: Erlewine, Michael (ed.), All Music Guide To Rock. San Francisco, 1995. ISBN 0-87930-376-X.
  21. Robert Müller: Hypocrisy. Ende der Durchsage?. In: Metal Hammer, April 2013, S. 63.
  22. Artist Tallies. RIAA, abgerufen am 16. Mai 2010.
  23. Metal Hammer, Artikel Wahnsinn mit Methode, Oktober 1998, S. 24
  24. Metal Hammer, Artikel Wahnsinn mit Methode, Oktober 1998, S. 25
  25. Rock Power, Artikel Kiss - Die Story, Juni 1992, S. 20
  26. Rockhard.de, Artikel Destroyer (1976) (Memento vom 18. April 2008 im Internet Archive)
  27. Rolling Stone-Magazin, Artists, 2004
  28. David Leaf, Ken Sharp: Kiss demaskiert: Die offizielle Biographie, I.P. Verlag, Berlin, 1. Auflage Juli 2005, ISBN 3-931624-28-5, S. 81
  29. Rock Power, Artikel Kiss - Die Story, Juni 1992, S. 20/21
  30. David Leaf, Ken Sharp: Kiss demaskiert: Die offizielle Biographie, I.P. Verlag, Berlin, 1. Auflage Juli 2005, ISBN 3-931624-28-5, S. 84
  31. David Leaf, Ken Sharp: Kiss demaskiert: Die offizielle Biographie, I.P. Verlag, Berlin, 1. Auflage Juli 2005, ISBN 3-931624-28-5, S. 85/86
  32. Rock Hard, Artikel Altes Eisen rostet nicht, Juli 1992, S. 40
  33. SWR.de, SWR 1, Biographie
  34. David Leaf, Ken Sharp: Kiss demaskiert: Die offizielle Biographie, I.P. Verlag, Berlin, 1. Auflage Juli 2005, ISBN 3-931624-28-5, S. 86
  35. Metal Star, Artikel Die absolute Kiss-History, 1991, S. 44
  36. Metal Star, Artikel Die absolute Kiss-History, 1991, S. 45
  37. David Leaf, Ken Sharp: Kiss demaskiert: Die offizielle Biographie, I.P. Verlag, Berlin, 1. Auflage Juli 2005, ISBN 3-931624-28-5, S. 87
  38. Rock Power, Artikel Kiss - Die Story, Juni 1992, S. 21
  39. Metal Hammer, Artikel Wahnsinn mit Methode, Oktober 1998, S. 26
  40. Rock Power, Artikel Vom Teufel besessen, Februar 1992, S. 62
  41. Metal Hammer, Artikel Rache-Gold, August 1992, S. 29
  42. Rock Hard, Artikel Altes Eisen rostet nicht, Juli 1992, S. 40
  43. Metal Hammer, Artikel Rache-Gold, Ausgabe August 1992, S. 29
  44. Rock Power, Artikel Vom Teufel besessen, Februar 1992, S. 62
  45. Rock Hard 1997
  46. Rock Box 1997
  47. Metal Hammer 1997
  48. EMP 1997/1998
  49. Musik Express, Ausgabe 10/1998
  50. EMP Katalog 1998
  51. Sonic Seducer, Ausgabe 10/1998
  52. Rock Box, Ausgabe 10/1998
  53. Mediabiz MusikWoche, Oktober 2009
  54. Bavariaradio.de, Oktober 2009
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